Silvester in Beijing

Ein frohes neues Jahr 2007.
Damit sind die Formalitäten geklärt und ich kann zum spannenden Teil übergehen.
Nachdem ich mich schon am Weihnachtsabend habe bereitwillig zeigen müssen meine Wohnung auch zum Silvesterabend zur Verfügung zu stellen hier nur ein Bericht darüber.
Wir haben schon vorher beschlossen, dass wir nicht wieder so ein großes Essen veranstalten wollten wie zu Weihnachten und so wurde das traditionelle chinesische Neujahrsessen 饺子 von mir im Supermarkt „um die Ecke“ besorgt. Ich habe mich mit dem Gedanken angefreundet, dass es wenigstens nicht die Jiaozi aus der Plastiktüte waren, sondern eine Auswahl verschiedenster Sorten, die mit aller Liebe vom Supermarktchef oder wenigstens seinen freundlichen Mitarbeiterinnen, wenn nicht sogar selbst hergestellt, dann aber zumindest persönlich in die Tiefkühltruhen verbracht wurden, aus denen ich sie dann höchstpersönlich in kleine Plastiktüten gefüllt und sie von freundlichen Abwiegerinnnen abwiegen und mich von Kassiererinnen abkassieren lassen habe.
Dazu muss ich noch schreiben, dass ich an diesem Tag zum ersten Mal tatsächlich langsamer Fahrrad gefahren bin als alle anderen Chinesen, aber nicht wegen die vielen Jiaozi, sondern weil die Straße voller Matsch waren, voller Schneematsch. Es hat tatsächlich geschneit in Peking.

Das mag sich jetzt vielleicht nicht nach etwas Besonderem anhören, aber wenn man bedenkt, dass im ganzen Jahr 600mm Regen fallen, davon über 70% zwischen Juni und August, und nur etwa 4mm (0,7%) im Dezember, sind die Zahlen allein schon allessagend, oder?
Gut, jetzt fehlt einem die Vorstellung, wie viel oder wie oft sind denn 4mm Regen eigentlich? Im September habe ich etwa 4 Regennächte mittlerer Stärke erlebt, also so ein normales Regenwetter eben, sonst war es immer trocken und im September sollen statistisch 50mm Regen fallen.
Kurzum: Das es hier schneit halte ich schon für ein besonderes Ereignis, außerdem ist es wirklich schön und man fühlt sich gleich viel heimischer. Das mag vielleicht daran liegen, dass die Menschen dann ihre Mützen, Kaputzen, Handschuhe anhaben und auch Schneeballschlachten schlagen. Man sieht also nicht, dass das Chinesen sind, es könnte alles auch in Deutschland sein.

Schnee? Hhm, was ich eigentlich sagen wollte, war das mir an meinem Fahrrad Schutzbleche fehlen und ich mich nicht völlig mit dem Matsch einsauen wollte am Weihnachtsabend, deshalb war ich so langsam unterwegs.

Zuhause angekommen & meinen Gästen die Tür geöffnet konnte angefangen werden zu „kochen“. Das „kochen“ bestand darin die Jiaozi aus der Tüte in den Topf mit heißem Wasser zu geben und 5min zu warten und sie dann zu servieren. Außerdem wurde noch ein Salat + Baguettes gemacht. Nach dem Essen wurde dann das obligatorische Fernsehprogramm angemacht, was sich aus bekannten Umständen jedoch auf eine mehr schlecht als rechte Kopie von „Dinner for One“ von Youtube beschränken musste.
Glücklicherweise habe ich das Video noch am Abend vor dem Seebeben vor der Küste Taiwans heruntergeladen. Das Beben hatte mehrere wichtige unterseeische Kabel beschädigt und damit die Verbindungen zum Ausland, insb. USA und Europa, teilweise oder ganz unterbrochen. Glück gehabt, sag ich mal.

Das Gucken hat auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht und wir konnten den anwesenden Ami‘s und Iren zeigen, wie bei uns Silvester so läuft. Dazwischen und danach gab es dann noch leckere Feuerzangenbowle und so haben wir die wenigen verbleibenden Stunden bis zum Neujahr mit Reden, Trinken und Feiern verbracht. Die letzte Minute im Jahr 2006 hat man dann natürlich herunterzählend vor dem Fernseher verbracht und anschließend ging es dann raus auf die Straße um „unser“ Feuerwerk, das aus ein paar Wunderkerzen bestand, abzufeuern und nein, es gab keine Chinaböller, leider.
Privates Feuerwerk ist wohl in Peking verboten, jedenfalls haben wir auch keine Knaller, Böller oder Raketen gesehen, die man hätte kaufen können.
Danach ging es noch kurz zurück in die Wohnung, wo wir wenigen verbliebenen Partywilligen uns noch auf den Weg machten, eine Silvesterparty im Künstlerviertel 798 zu suchen.

Zu viert sind wir dann ab ins Taxi und dorthin. Auf der Fahrt sind dann übrigens solche Fotos entstanden. Auch der arme Taxifahrer musste für ein Foto herhalten.

Die restlichen Fotos findet ihr hier

Als wir gegen 3uhr dort angekommen waren sind wir erstmal fast umgefallen, weil die Leute dort noch immer 100yuan Eintritt haben wollten. Dank de diplomatischen Geschicke von Mareen sind wir dann nacheinander noch alle umsonst reingekommen. Offensichtlich haben wir eine Eintrittskarte eines „Bekannten“ mehrfach nutzen können, so dass wir am Ende ganze 40€ gespart haben, das ist doch mal was.
Drinnen haben wir noch ein bisschen gefeiert usw., ein paar Leute aus der Botschaft wieder getroffen und sind dann irgendwann zwischen 4 und 5 auch wieder los nach Hause.

Die native Chinesin (siehe Foto), die eigentlich aus Wien kommt, hat dann gleich noch 2 Chinesinnen angequatscht, die uns dann prompt mit ihrem Wagen aus dem Viertel mitgenommen haben. Wäre unser Ziel auf ihrem Heimweg gewesen, hätten sie uns sogar die ganze Strecke mit zurück genommen. Das fand ich ja echt nett, denn schließlich kannten sie uns ja nicht mal.

Nach einer kleinen Jagd um ein freies Taxi haben wir es dann auch endlich nach Hause geschafft und sind erschöpft und fröhlich ins Bett gefallen, also ich zumindest. Die anderen hatten leider in dieser Woche viel zu lernen, weil die ganzen Prüfungen anstanden.

Im nächsten Eintrag werde ich sicherlich von meiner ersten chinesischen Prüfung berichten und die hatte nichts mit der Uni zu tun.