Auf den Spuren der Mauer
2006/12/02 17:05
Bei wenigen Graden über Null, aber strahlend blauem
Himmel haben wir uns entschieden, doch ein bisschen
raus ins Grüne oder besser gesagt ins Braune zu
fahren. Was bietet sich da besser an als die Mauer.
Von Peking aus gibt es viele Möglichkeiten die Mauer
zu besichtigen: Reisegruppen fahren meist nach
Badaling oder Mutianyu. Beide Standorte verfügen über
eine Seilbahn und Unmengen von Verkaufsständen, an
denen Touristen überteuerte Souvenirs erstehen
können. Simatai und Jinshanling sind etwas weniger
gut erschlossen, Simatai hat zwar auch eine Seilbahn,
aber trotzdem ist es dort nicht ganz so voll. Der
größte Vorzug dieser beiden Orte ist, dass man von
einem zum anderen ca. 10 km auf der Mauer entlang
wandern kann und so auch die Möglichkeit hat, etwas
abseits des Trubels und Lärms die Natur zu genießen.
Auf den Wachtürmen warten zwar auch chinesische
Ich-AGs, die einem verschiedenste nutzlose Dinge
andrehen wollen, aber nur wenige und meist auch nicht
die Chinesen wagen diese Wanderung, eine der wenigen
Gelegenheiten in China mal etwas „einsam“ zu sein. 10
km hören sich in den Ohren der Wanderfreunde unter
euch zwar nicht viel an, aber die Mauer ist wie schon
gesagt,keine ebene gut befestigte Straße, sondern
vielmehr, besonders an den weniger gut erhaltenen und
noch nicht restaurierten Stellen nur schwer zu
erklimmen. Zum einen sind die Mauerabschnitte entlang
steiler Bergkämme gebaut, zum anderen besteht die
Mauer vorwiegend aus Treppen, Treppen und nochmals
Treppen, die noch dazu eine eher ungünstigen und
unregelmäßigen Stufenabstand haben. An den nicht
rekonstruierten Abschnitten fehlt noch dazu die
seitliche Begrenzung, sodass man links und rechts nur
drei Schritte vom Abgrund entfernt ist. Oft fehlen
auch die Stufen oder die Steine sind lose und man
muss aufpassen, dass man nicht wegrutscht. Wir haben
versucht das auf den Fotos festzuhalten, aber besser
ist es, das mit eigenen Augen zu sehen.
Nachdem wir die vier oben genannten Abschnitte schon kannten, sind wir dem Insidertip der Chinologen gefolgt und nach Huanghua gefahren. Zuerst sind wir mit dem Stadtbus in eine nächst kleinere, nördlich gelegene Stadt gefahren, leider habe ich den Fehler gemacht, dem Ticketverkäufer zu sagen, dass wir nach Huanghua fahren wollen, so wurden wir kurz vor dem Ortseingang praktisch aus dem Bus geworfen und mit einem Taxifahrer bekannt gemacht, der uns für 160 Yuan zur Mauer fahren wollte. wir hatten ihn dann auf 50 heruntergehandelt und waren eigentlich ganz froh, ihn ein bisschen heruntergehandelt zu haben. In Huanghua angekommen wollten wir erstmal was essen und mussten schnell fest stellen, dass der Ort ziemlich gut auf Westler, vor allem auf Backpacker, eingestellt ist. Nicht nur dass die lokale Werbung mit ihrer Erwähnung im Lonely Planet machen (siehe Foto), sie wollten auch für eine normale Mahlzeit ganze 30 Yuan, wo man sonst höchstens 10 bezahlt. Zum Glück waren die Jiaozi preiswert und lecker... Dennoch waren die Leute, denen das Restaurant gehörte sehr nett und haben uns darauf hingewiesen, dass der Minibus zurück nur 4,5 Yuan pro Person kostet, sind wir also doch ziemlich abgezockt worden, aber das gehört eben dazu. Auf dem Weg zur Mauer wurden wir dann noch von einem Bauer aufgehalten, der einfach mal ein Metallzaun auf dem Weg errichtet hat und Eintritt für die Mauer haben wollte, das war aber nicht so viel, es schien auch so, als ob wir bei der Kälte an diesem Tag die einzigen waren, die sich auf den Weg gemacht haben. Dann sind wir etwa zwei bis drei Stunden auf der Mauer herumgekraxelt. Zwar wurden einige Abschnitte gerade restauriert, aber trotzdem war es die wildeste Mauerbesteigung, die wir bisher gemacht haben. An einigen Stellen ging es nur noch senkrecht nach oben oder unten, also fast eine Klettertour, so dass wir ziemlich viel Adrenalin freigesetzt haben. Mehr was für Abenteurer als ein Familienausflug. Denis fand Jinshanling besser, ich bin noch unentschieden. Auf jeden Fall war es ein schöner Ausflug und nach je einer Stunde im Minibus und dann noch im Stadtbus sind wir ziemlich kaputt in Peking wieder angekommen. Der Stadtbus war wohl auch kein richtiger Bus, vielmehr hatten ein paar Einheimische ein selbst gemaltes Schild mit der angeblichen Busnummer hinter die Frontscheibe geklemmt und dann alle möglichen Menschen von der Straße aufgelesen. Ziemlich geschäftstüchtig diese Chinesen...
In diesem Eintrag bietet es sich an ein paar Mythen, die es über die Mauer gibt, richtig zu stellen:
Mythos 1. Die Mauer ist ein einziges, ununterbrochenes Bauwerk, auf dem man von einem Ende zum anderen gehen kann:
Die Mauer wurde nicht in einem Stück gebaut, sondern während verschiedener Dynastien und von den verschiedenen Herrschern der Königreiche, die damals existierten. Deshalb überlappen die meisten Mauerabschnitte einander oder wurden parallel zu bereits bestehenden Abschnitten gebaut. Außerdem war es aufgrund der natürlichen Gegebenheiten, sehr steiler Hänge, nicht nötig oder möglich die Mauer durchgängig zu bauen. So kann die Mauer auch nicht aus dem Weltall gesehen werden.
Mythos 2. Der Mörtel, mit dem die Mauer gebaut wurde, wurde mit Reis angemischt:
Chemische Analysen haben gezeigt, dass für den Bau der Mauer kein Reis verwendet wurde. (In Xi`an hingegen konnte Reis im Mörtel der Stadtmauer nachgewiesen werden)
Mythos 3: Die toten Arbeiter wurden unter der Mauer begraben:
Die Erbauer der Mauer waren ja nicht blöd und wussten, dass wenn die Leichen unter der Mauer verrotten, eventuell Löcher entstehen, die die Stabilität der Mauer gefährden könnten. Außerdem haben auch nicht so viele Arbeiter beim Bau der Mauer ihr Leben gelassen wie gemeinhin angenommen wird.
Mythos 4: Die Mauer wurde als „Autobahn“ zum Transport von Gütern benutzt:
Die Mauer ist zwar an den meisten Stellen breit genug für Pferdewagen, diese hätten jedoch nicht einmal die Wachtürme als Engstellen passieren können. Wie oben erwähnt ist die Mauer noch dazu an einigen Stellen so steil, dass das Fortkommen erheblich erschwert wird.
Mythos 5: Als Signale wurden vorwiegend Rauch- und Feuerzeichen verwendet:
Bei Angriffen wurde meist Schießpulver als Signal verwendet.
Mythos 6: Die Mauer hat wenig Wirkung gezeigt:
Z.B. konnten im 16. Jh. Angriffe von Mongolen bei Badaling und Jinshanling erfolgreich abgewehrt werden.
Natürlich gibt es noch viele andere Mythen und wir hoffen unsere Quellen sind zuverlässig oder bieten wenigstens Anstoß für Diskussionen. Wir freuen uns auf eure Kommentare!
Nachdem wir die vier oben genannten Abschnitte schon kannten, sind wir dem Insidertip der Chinologen gefolgt und nach Huanghua gefahren. Zuerst sind wir mit dem Stadtbus in eine nächst kleinere, nördlich gelegene Stadt gefahren, leider habe ich den Fehler gemacht, dem Ticketverkäufer zu sagen, dass wir nach Huanghua fahren wollen, so wurden wir kurz vor dem Ortseingang praktisch aus dem Bus geworfen und mit einem Taxifahrer bekannt gemacht, der uns für 160 Yuan zur Mauer fahren wollte. wir hatten ihn dann auf 50 heruntergehandelt und waren eigentlich ganz froh, ihn ein bisschen heruntergehandelt zu haben. In Huanghua angekommen wollten wir erstmal was essen und mussten schnell fest stellen, dass der Ort ziemlich gut auf Westler, vor allem auf Backpacker, eingestellt ist. Nicht nur dass die lokale Werbung mit ihrer Erwähnung im Lonely Planet machen (siehe Foto), sie wollten auch für eine normale Mahlzeit ganze 30 Yuan, wo man sonst höchstens 10 bezahlt. Zum Glück waren die Jiaozi preiswert und lecker... Dennoch waren die Leute, denen das Restaurant gehörte sehr nett und haben uns darauf hingewiesen, dass der Minibus zurück nur 4,5 Yuan pro Person kostet, sind wir also doch ziemlich abgezockt worden, aber das gehört eben dazu. Auf dem Weg zur Mauer wurden wir dann noch von einem Bauer aufgehalten, der einfach mal ein Metallzaun auf dem Weg errichtet hat und Eintritt für die Mauer haben wollte, das war aber nicht so viel, es schien auch so, als ob wir bei der Kälte an diesem Tag die einzigen waren, die sich auf den Weg gemacht haben. Dann sind wir etwa zwei bis drei Stunden auf der Mauer herumgekraxelt. Zwar wurden einige Abschnitte gerade restauriert, aber trotzdem war es die wildeste Mauerbesteigung, die wir bisher gemacht haben. An einigen Stellen ging es nur noch senkrecht nach oben oder unten, also fast eine Klettertour, so dass wir ziemlich viel Adrenalin freigesetzt haben. Mehr was für Abenteurer als ein Familienausflug. Denis fand Jinshanling besser, ich bin noch unentschieden. Auf jeden Fall war es ein schöner Ausflug und nach je einer Stunde im Minibus und dann noch im Stadtbus sind wir ziemlich kaputt in Peking wieder angekommen. Der Stadtbus war wohl auch kein richtiger Bus, vielmehr hatten ein paar Einheimische ein selbst gemaltes Schild mit der angeblichen Busnummer hinter die Frontscheibe geklemmt und dann alle möglichen Menschen von der Straße aufgelesen. Ziemlich geschäftstüchtig diese Chinesen...
In diesem Eintrag bietet es sich an ein paar Mythen, die es über die Mauer gibt, richtig zu stellen:
Mythos 1. Die Mauer ist ein einziges, ununterbrochenes Bauwerk, auf dem man von einem Ende zum anderen gehen kann:
Die Mauer wurde nicht in einem Stück gebaut, sondern während verschiedener Dynastien und von den verschiedenen Herrschern der Königreiche, die damals existierten. Deshalb überlappen die meisten Mauerabschnitte einander oder wurden parallel zu bereits bestehenden Abschnitten gebaut. Außerdem war es aufgrund der natürlichen Gegebenheiten, sehr steiler Hänge, nicht nötig oder möglich die Mauer durchgängig zu bauen. So kann die Mauer auch nicht aus dem Weltall gesehen werden.
Mythos 2. Der Mörtel, mit dem die Mauer gebaut wurde, wurde mit Reis angemischt:
Chemische Analysen haben gezeigt, dass für den Bau der Mauer kein Reis verwendet wurde. (In Xi`an hingegen konnte Reis im Mörtel der Stadtmauer nachgewiesen werden)
Mythos 3: Die toten Arbeiter wurden unter der Mauer begraben:
Die Erbauer der Mauer waren ja nicht blöd und wussten, dass wenn die Leichen unter der Mauer verrotten, eventuell Löcher entstehen, die die Stabilität der Mauer gefährden könnten. Außerdem haben auch nicht so viele Arbeiter beim Bau der Mauer ihr Leben gelassen wie gemeinhin angenommen wird.
Mythos 4: Die Mauer wurde als „Autobahn“ zum Transport von Gütern benutzt:
Die Mauer ist zwar an den meisten Stellen breit genug für Pferdewagen, diese hätten jedoch nicht einmal die Wachtürme als Engstellen passieren können. Wie oben erwähnt ist die Mauer noch dazu an einigen Stellen so steil, dass das Fortkommen erheblich erschwert wird.
Mythos 5: Als Signale wurden vorwiegend Rauch- und Feuerzeichen verwendet:
Bei Angriffen wurde meist Schießpulver als Signal verwendet.
Mythos 6: Die Mauer hat wenig Wirkung gezeigt:
Z.B. konnten im 16. Jh. Angriffe von Mongolen bei Badaling und Jinshanling erfolgreich abgewehrt werden.
Natürlich gibt es noch viele andere Mythen und wir hoffen unsere Quellen sind zuverlässig oder bieten wenigstens Anstoß für Diskussionen. Wir freuen uns auf eure Kommentare!